Geschichten von Schwertern und Zauberei

Grab im Tunnel-6

This entry is part 6 of 6 in the series Grab im Tunnel

Eckert: Verschüttet

Klopfen, trommeln, Lieder singen, habe ich euch schon erzählt, dass ich gar nicht musikalisch bin?  Langeweile und Verzweiflung treibt einen wirklich zu Wahnsinns Taten, die Gespräche mit Lantam habe ich erstmal zurück gestellt. Ich bin noch nicht weit genug für Unterhaltungen mit Toten. Ich will lieber noch ein wenig damit warten, bis mich Dunkelheit, Durst und Hunger soweit weich gemacht haben, dass ich vielleicht doch Antworten höre.

Bleibt sonst aber wenig, Kartenspiele mit mir selber im Kopf – langweilig. Erinnerungen an meine Geliebten und die großen Lieben meines Lebens – ersteres ist mehr als frustrierend, wenn beide Hände neben deinem Körper eingeklemmt sind, letzteres würde voraussetzen, dass ich einmal eine große Liebe hatte. Woran das liegt, werde ich sicher später mit Lantam zusammen besprechen können.

Also klappere ich, klopfe, poche und wippe mit den Füßen. Augenblick, meine Füße liegen frei. Nach vorne und oben bin ich fest eingeklemmt. Brust und Hüfte fixiert, denke ich, der Stiel des Hammers mit dem Lantam mich erschlagen wollte, so dass ich auch nicht in Richtung meiner Füße rausrobben kann. Aber unter mir sind Ziegelsteine in gestampfter Erde. Ich kann meine linke Hand etwas bewegen und fange an mit den Fingernägeln an den Rändern des Ziegels zu kratzen. Bewegt der sich etwas? Ein kleines bisschen? „Ja ja ja ja, Lantam siehst du wir kommen hier noch raus“ Mir laufen Tränen über die Backen, als ich den ersten Backstein unter meinem Hintern rausziehe. Ich bedanke mich immer und immer wieder bei dem faulen Handwerker, der die Ziegel in Reihen verlegt hat, nicht in der stabileren Fischgräte. Den zweiten Stein bekomme ich unter mir vorgezogen und stopfe ihn nach vorne neben mein Bein. Ich kann meinen Hintern bewegen, ein wenig, bloß nicht zuviel, bloß nicht riskieren, dass alles weiter einsackt. Ich stütze den Hammerstiel so gut es mit einer Hand und blind geht. Fünf Ziegel, mein Hintern ist im Loch und das erste Mal seit Stunden, dass nicht mehr der Stiel auf meine Hüfte drückt. Ich erspare euch die nächsten Ziegelreihen, die ich brauche, bis auch meine Brust so frei liegt, dass ich mich Fingerbreit um Fingerbreit nach unten schieben kann. Die Beine ausstrecken, Fersen in den Boden drücken, Fersen anziehen und wiederholen.

Nyx und Gregor

Gregor blickte die Nyx unverwandt an. Seine braunen Augen hielten die leeren schwarzen Öffnungen in ihrem Gesicht fest. Suchten nach einem Anhaltspunkt, dass er in ihr noch etwas anders befand als Leere. Immer wenn er hinein zu fallen drohte, wenn ihn die Leere übermannen wollte, rief er sich einen Psalm, ein Gebet in‘s Gedächtnis und die rituellen Worte füllten ihn mit Zuversicht. Nährten die ewige Flamme in seinem Herzen, die durch die heiligen Worte entfacht wurde und durch seine Überzeugung am Brennen blieb.

Nyx ließ das Feuer ihres Widersachers in sich aufgehen. In der Kälte ihrer Leere fand es keine Nahrung. Stein, Holz, Fleisch und Stahl machte sie nicht aus, sondern war nur in seine kleinsten Bestandteile zerlegt zu der Hülle geworden, die ihre Leere von der Schöpfung trennte.

Sie hatte bereits das elementare Feuer der Magierin verschlungen und es in sich erstickt und über kurz oder lange würde das gleiche auch mit diesem hier passieren.

Eckert: Frei

Ich schiebe mich Ferse um Ferse vorsichtig aus meinem engen Steinsarg. Der Raum ist nicht so dicht verschüttet, wie ich es erwartet habe. Die Stützbalken liegen quer und einige große Brocken der Decke haben verhindert, dass sich der Raum vollständig füllt. Eine Laterne liegt unter etwas Schutt und ihr schwaches Licht spiegelt auf meinem Schwert, das ich aus dem Schutt ziehen kann. Ich muss mich bücken, aber ich kann stehen. Hinter mir, in Richtung des Eingangs, scheint der Schutt dicht zu sein. Vielleicht haben wir die Nyx aufgehalten? Nach vorne sehe ich vielleicht ein durchkommen. Es ist soweit ich mich erinnere auch gar nicht weit bis zum Lager der Verwundeten. Selbst wenn ich nicht selber durchkomme, kann ich mich dort bemerkbar machen.

Zwischen Balken und einigen Steinen kann ich Lantams Schulter erreichen. Ich klopfe unbeholfen dagegen. „Danke, auch für die Gesellschaft, Großer“

Dann beginne ich in Richtung Höhle zu kriechen und zu klettern. Die ersten Meter komme ich gut voran, ich folge erst dem Stützbalken der Latam erwischt hat, beinahe bis zur Wand. Dann kann ich zwischen Balken und Brocken auf ein Stück der Decke kriechen, nachdem ich einige Steine beiseite und hinter mich geschafft habe. Bis zur Türöffnung kann ich mich fast aufrecht zwischen zwei großen Brocken schieben. Aber hier ist feinere Erde heruntergefallen und hat die ehemalige Öffnung fast ganz verschüttet.

Ich lasse schließlich meine Rüstung zurück, dann kann ich mich am Türstock hochziehen und mich zwischen den geborstenen Stücken des Türsturzes durchquetschen. Das Schwert schiebe ich vor mir her.

Nyx und Gregor

Hinter ihrem Gegner leerte sich der Raum. Einer nach dem anderen humpelten und krochen sie tiefer in die Gänge. Es störte sie nicht, später war noch genug Zeit, alles Sein strebte auf sein Ende zu, vergeht. So wie das Feuer in ihr verging, dass er durch ihre Augen und seine, in sie hineingoß

Gregor merkte wie hinter ihm der Raum zunehmend leerer wurde. Jeder der im Tunnel verschwand eine kleine Erleichterung der Last seiner Verantwortung, aber jeder auch ein Grund weniger, um durchzuhalten. Vor einer unbestimmten Zeit hatte sich jemand hinter ihn gestellt. Die Hand auf seine Schulter gelegt, nutzlos, aber freundlich und es lenkte ihn auch nicht ab. Jetzt drückte derjenige noch einmal seine Schulter und ließ los. Die letzten verließen das unterirdische Lazarett. Geschafft, er nahm die Nyx vor sich noch einmal in den Fokus. Unaufhaltsam, war sie in den letzten Stunden nähergekommen, hatte seine Überzeugung und seinen Glauben in sich aufgenommen, regungslos und unaufhaltsam. Er schloss die Augen, blickte nach innen und er sah, dass es gut war.

Ein Ende im Tunnel

Ich lasse mich erschöpft auf der anderen Seite herunterfallen, verliere fast das Schwert aus der Hand. Die Lampe steht auf eine Stück Geröll und wirft noch einen schwachen Schein durch die Engstelle, von der anderen Seite. Na wenigstens hat er Licht, da drüben. Ich strecke die Bein von mir und genieße einen Moment, dass ich nicht gebückt oder eingeklemmt bin. Es ist fast gemütlich hier, so an einen Steinhaufen gelehnt, die Beine ausgestreckt. Bis in die Höhle mit den anderen sind es nur wenige Meter um eine Kurve und der Boden sieht, soweit ich es im Fastdunkel erkennen kann sauber aus. Kein Licht, sind die anderen schon raus? Ich hoffe, dass ich Stief’s Ausgang auch ohne Hilfe finde. Ich taste mich im Dunkeln vorsichtig den Gang entlang.

Komme zum Ende des Ganges und sehe Gregor, der strahlend im Zugang kniet. Über ihn und mit dem Rücken zu mir beugt sich die Nyx. Ich weiß dass sie gerade ihren Mund weit aufreißt und gleich wird sie wieder ihren grauenhaften Schrei ausstoßen. Und das wird das Ende von Gregor. Ich kann ihn nicht besonders leiden, aber die platzenden Augäpfel sind mir immer noch lebhaft vor Augen.

Das möchte ich ihm ersparen, auch wenn mir seine gute Laune gewaltig auf den Zeiger geht.

Er hat die Augen geschlossen, sieht beinahe so aus, als wolle er sie küssen, aber ich weiss, dass er nur stoisch auf sein gottgewolltes Ende wartet. „Ha, Rettung in letzter Sekunde“.

Ein Streich aus dem Lehrbuch! Einen Kopf vollständig vom Körper zu trennen, ist gar nicht so einfach, schon bei einem Menschen sind einige hartnäckige Knochen im Weg. Für die Nyx gebe ich alles. Die Bewegung beginnt im linken Fuß, der stößt die Hüfte in die nötige Rotation, die sich bis in die Schultern fortsetzt und ich lege mein gesamtes Körpergewicht hinter die Spitze, schlage einen Bogen, der erst weit hinter dem Hals der Nyx endet.

Der Kopf schlägt mit einem stumpfen Gong auf dem Boden auf, scheppert wie ein leerer Krug, dann knüllen Kopf und Körper zusammen, zurück bleiben nur zerknüllte Splitter.

***Das Ende***

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