Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 9

This entry is part 9 of 25 in the series Der Kohler

Vor der Flucht

Mit großen Schritten hatte Klaas die beiden Pferde, seins und Haralds, zu den anderen gezerrt. Dort hatte er beide schroff aber sorgfältig abgesattelt, abgerieben und gefüttert. Anschließend pfiff er den Rest seiner Truppe zusammen und ließ zwei von ihnen eine Grube ausheben, während er mit den übrigen in den Wald brach und trockene Äste einsammelte. Beim Versorgen der Pferde und Feuerholz sammeln machte seine Rotte einen großen Bogen um ihn. Das war für sie einerseits gesünder und für Klaas gerade recht. Er hing immer noch der Ungerechtigkeit nach, die ihm seit dem Morgen widerfuhr. Nachdem er den Stapel Holz beim Feuer hingepfeffert hatte, schob er den dort sitzenden Wanja beiseite, griff sich eine Schüssel und stach wütend mit dem Löffel in den dicken Eintopf.

Viari holte schon Luft, um ihn wieder zusammen zu scheißen, aber Wanja rollte grinsend die Augen und winkte mit dem kleinen Finger ab. Nach und nach versorgten sich auch die übrigen Nachzügler aus Klaas Rotte mit Eintopf und es kehrte gefräßige Stille ein.

Unvermittelt hob Klaas lächelnd den Kopf: „Wir machen heut gern die Dritte Wache“

Viari schaute ihn mit aufgerissenen Augen an: „Die letzte? Freiwillig?“

„Echt Klaas, spinnst du?“ brach es aus Anderklaas heraus.

„Halt die Schnauze, wir waren am längsten Unterwegs, da möcht ich als erstes Schlafen“ herrschte Klaas zurück.

„Und wer von uns macht die Wache?“ fragte ihn Bent.

„Schön dass du fragst“ Klaas fletschte die Zähne „Wir beide machen die Hundswache und Anderklaas kann sich mit Ennu den Sonnenaufgang ansehen“

Dass ihr Rottführer mitwachen würde dämpfte den Widerwillen ein wenig und recht kurz darauf zog sich der Trupp zum Schlafen zurück.

***

Johan war nervös, als er zu Bett ging. Es war nicht die Angst vor dem Hauptmann. Die war sicherlich da, aber er war es seit seiner Jugend gewohnt, von den starken Kerlen bedroht und gequält zu werden, sogar Angst verliert ihren Schrecken, wenn sie Routine wird.

Ein bisschen rumgeschubse und Hohn jetzt, dann eine Tirade von einem Hierarchen in Kaiserach, nicht schön, aber Menschen, die ein Strafmaß sauber ausrechnen können, sind seltener, als die Grobiane, die es verteilen. Der Kaiser wusste das, genauso wie er wusste dass es die Buchhalter waren, die seine Kriegsmaschine schmierten.

Nein, er hatte keine Angst davor, als Verräter bestraft zu werden, nur weil er ein paar Familien vorgewarnt hatte. Er war nervös, weil es dieses Mal einfach nicht genug war. Wenigstens auf der Reise sollten die Kinder noch sicher sein. Aber er hatte sich nicht getraut, auf dem Tavernenplatz einzuschreiten und nun lag ein Mädchen im Koma.

Er fing an im Kopf einige alte Bilanzen durchzugehen, im Soll gegen Haben lag eine Ausgeglichenheit, die ihn langsam in den Schlaf driften ließ.

***

Klaas wurde wach, als Bent von Lethe am Bein geschüttelt wurde und dadurch mismutig wach wurde.

„Klar schüttelt sie dein Bein“ flüsterte er grinsend

Bent grunzte nur unwillig

„Wenn sie an meinem schüttelt, hätte sie eine große Überraschung erlebt“

Bent rollte hörbar mit den Augen: „Einmal was anderes von dir“

Von draußen schwebte noch ein geflüstertes. „Fick dich selber Klaas“

Der sprang wütend auf, „Von wegen“ grunzte er. Er besann sich der Schlafenden bevor er weiter fluchte und ging leise grummelnd aus der Hütte.

Er pisste lautstark gegen die Hüttenwand und wiederholte noch einmal „von wegen“ dann wartete er grinsend auf Bent.

„Du fängst an der Klippe an, dann drehst du eine Runde um das Lager“ sagte er und zeigte mit den Armen die Runde an, die Bent laufen sollte

„Was ist mit unseren Rekruten“ fragte Bent

„Um die kümmere ich mich, mach die Runde anders herum. Wir treffen uns nach der Runde an der Rußhütte“

Bent zuckte die Achseln, er war eigentlich ganz froh, nicht mit Klaas laufen zu müssen und begann außerhalb des Feuerscheins um das Lager zu laufen.

Klaas schaute ihm einen Moment hinterher und merkte sich die Richtung, in die er losgelaufen war.

Dann setzte er sich auch in Bewegung.

Er ging auf geradem Weg zu den Wägen mit den Rekruten, warf einen kurzen Blick in jeden und fand nur – wenn auch unruhig – schlafende Jugendliche vor.

Zum Schluss ging er zum Wagen in dem seine Rekrutin lag. Sie war noch nicht wach geworden, lag immer noch genau so, wie sie abgelegt worden war, im vorderen Drittel.

Jemand hatte einen Mantel über sie und ein paar Fetzen unter ihren Kopf gelegt. Die anderen hatten sich im Rest des Wagens zusammengerollt.

Die Tür des Wagens war mit wenigen Handgriffen offen. Er stieg hinein, das Schaukeln weckte die übrigen Insassen, zumindest einige von ihnen. Er hielt sich den Finger an die Lippen.

“Ich kümmere mich um sie, Hütte ist wärmer“ flüsterte er

Jannis rappelte sich auf: „Lass sie in Ruhe“ flüsterte er feindselig. Hob dann an den Satz lauter zu wiederholen, als er merkte, dass er ja gar nicht flüstern musste.

Klaas schlug mit seinem Knüppel Jannis Schuh: „Halt die Klappe oder ich stopf sie dir“

Dann schaute er sich in der Runde um: „Noch einer der nicht will, dass ich ihr helfe?“

Er lud sie auf seine Schulter, zog die Tür ins Schloss, verriegelte sie aber nur mit einer Hand.

Dann ging er sorgfältig den Weg, den Bent schon gerade patrouilliert hatte, zur Rußhütte.

Wird fortgesetzt…

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