Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 21

This entry is part 21 of 25 in the series Der Kohler

Lichtung der Pechsieder

Von der fast heruntergebrannten Feuerstelle aus konnte Harald die etwas seltsame Karawane sehen. Vorneweg lief Demmi neben Harald: Die beiden zerrten einen sehr großen kräftigen wie ein Holzfäller gekleideten Mann mit einem Sack über den Kopf an einem Seil hinter sich her. Knapp hinter dem Mann lief Jori mit blutverschmiertem Gesicht in dem hochrot geschwollen seine wieder einmal gebrochene Nase prangte. Zuletzt mit einem Esel an der Trense und einem zweiten Seil in der Hand lief Hark. Die Schleppe hinter dem Esel und den darin liegenden rothaarigen Jungen erkannte Harald erst, als die Gruppe auf der Lichtung angekommen war.

Juri stieß den Gefangenen von hinten zu Boden, der stoppte seinen Fall nur mühsam mit den gefesselten Händen. Aus dem Sack ertönte ein schmerzerfülltes Keuchen.

„n das?” fragte Harald

„Im Wald gefunden” nuschelte Juri, „der brutale Kerl hat mir die Nase gebrochen”

„Sicher auch mal Militär “warf Klaas ein, „vielleicht ‘n Deserteur?”

Harald ging vorsichtig um den Mann, der sich inzwischen wieder auf seine Knie aufgerichtet herum. So war er etwa so groß wie Harald. Unter dem Stoffsack schauten einige Strähnen eines langen Bartes hervor rot mit grau. Bruche und auch das Wams saßen locker so als hätte er in den letzten Wochen und Monaten einiges Gewicht verloren.

Der Holzfäller war auch im Knien eine beeindruckende Gestalt nicht nur durch die Größe und wegen der sehnigen Muskelstränge an Armen und Schultern, sondern auch wegen der flachen Masse zu der Joris Nase verformt war.

Harald zog dem gefesselten den Sack vom Kopf und musterte das bärtige etwas zerschlagene Gesicht des Mannes, der unverwandt zurück starrte. Er pfiff leise durch seine Zähne und ging noch einmal um den Mann herum. Ein Ruck am Seil brachte den aus dem Gleichgewicht und der Blick des Gefesselten fiel auf den kleinen Reiter, der unwillkürlich einen Schritt zurück machte, nur um dann noch einmal hektisch zu am Seil zu rucken. 

Klaas sagte: “Er kann uns sicher sagen, wo das Mädchen ist und was er mit den Wildhütern gemacht hat. Weil wenn wir das Feuer anmachen, wüsste ich schon wie er ganz schnell redet.” Jori lachte zustimmend.

Harald der so lange unverwandt das Gesicht ihres Gefangen aus verschiedenen Winkeln angeschaut hatte, sog einige Male etwas unschlüssig Luft durch die Zähne, dann nickte er: “Vorsichtig”, sagte er leise.

“Seid Vorsichtig” wiederholte er lauter. “geh Pferde holen, Wildhüter komm’n, gut, sonst Pferde.”

“Feuer! Fesseln, keine Unfälle” schloss er mit Blick auf den Gefesselten. 

Harald nahm sein Schwertgehänge vom Feuer auf und verließ die Lichtung in Richtung des großen Waldweges. 

Wie meist, wenn Harald etwas sagte, standen die anderen erst einen Augenblick unschlüssig da, bis sie Befehle und Erklärung auseinander hatten. Während dessen fixierte der Hüne weiter Demmi, der ab und zu am Seil zog.

„Lass das” übersetzte Klaas, „richtig fesseln sollten wir ihn, bis Harald mit den Pferden zurückkommt” 

Hark hatte sich derweil das Geschirr des Esels genauer angesehen und nahm lächelnd  einige Ketten heraus.

“Schaut mal das sollte halten! Ganz ohne, dass Jori die ganze Zeit hinter ihm stehen muss.” 

Jori wandte sich halb in Harks Richtung und schlug inzwischen ein bisschen lustlos nach dem Gefangenen, der zur Seite zuckte und dadurch Demmi einen guten Schritten in seine Richtung zog. 

“Wir werden dir ordentlich ein Feuer unter den Füßen machen. Dann wirst du uns schon sagen, wo das Mädchen versteckt ist” drohte Klaas

Der wandte sich zu ihm, fixierte ihn: “Mädchen?” fragte er stockend, “ was wollt ihr von dem Mädchen?”

Klaas trat dichter: “Auch die Leiche ist noch gutes Geld wert”

Der Hüne vor ihm ließ den Kopf hängen und Klaas beugte sich zu ihm herunter: “Sonst hab ich mir schon alles von ihr genommen was ich wollte” sagte er leise und höhnisch.

Der Kopf schnellte nach oben und knallte hörbar an Klaas Jochbein, der mit Sternen vor den Augen einige Schritte zurück stolperte. Ein harter Ruck am Seil zerrte Demmi auf den Knienden zu. Trotz aller Anstrengung zog es ihn immer dichter heran

Jori, der zu Hark und dem Esel gegangen war, um ihm mit den Ketten zu helfen, setzte sich viel zu spät in Bewegung. Bis er wieder herangetreten war, hatte sich ihr Gefangener aufgerichtet, das Seil zweimal um den Hals von Demmi gewickelt und würgte ihn während der langsam rückwärts in Richtung der Klippe ging.

Klaas hielt sich den Kopf, hatte sich aber schon wieder aufgerichtet und ein Ochsenziemer  in der Hand. Jori hatte ein kurzes Infanterie Schwert und stand etwa da, wo er gerade auf den Knien gelegen hatte.

Hark war schon etwa den halben Weg vom Esel gekommen. In der linken Hand hatte er noch die Baumketten, in der anderen ebenfalls ein kurzes schweres Stichschwert.

Demmi zappelte, sein Gesicht lief zunehmend rot an, aber er hatte ihn fest im Griff. Der Mann, der bis vor zwei Stunden der Kohler gewesen war, nahm die Positionen seiner Gegner durch einen schnellen Blick auf. 

Er kannte die Pechsiedler Siedlung, weil er hier einige Male zum Handeln gewesen war und er wusste, dass der Weg in den Wald versperrt war. Gefesselt wie er war würde er nicht an vier Bewaffneten vorbeikommen, auch wenn es in wenigen Augenblicken nur noch drei sein würden. Er hielt sich rückwärts auf die Pechhütte zu. Dem stabilsten Gebäude des Geländes. Er wollte Zeit gewinnen. 

Sobald er mit dem Rücken an die Tür der Hütte kam, stieß er Demmi von sich, der mit den Fingernägeln unter dem Seil an seinem Hals kratzte bis es sich zu einem gequälten Atemzug löste. 

Klaas und die anderen sahen die Tür in’s Schloß fallen und sie hörten wie der schwere Tisch von drinnen hinter die Tür geschoben wurde.

“Hab ihm ein Feuer versprochen, soll er eins bekommen” Klaas fletschte bösartig die Zähne.

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