Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 11

This entry is part 11 of 25 in the series Der Kohler

Der Sturz

Jannis wurde klar, dass er stürzte. Gerade als er den Mund aufriss, um erschrocken zu schreien, schlugen ihm Zweige ins Gesicht, er ruderte wild mit den Armen, bekam einen dünnen Ast zu fassen. Die raue Borke grub sich in seine Handfläche, als er panisch zu packte. Ein Ruck ging durch seine Schulter, sein Kopf schlug nach hinten, dann überholten ihn seine Beine und der neuerliche Ruck ließ ihn den Halt verlieren. Er stürzte jetzt immerhin mehr oder weniger mit den Füßen voran weiter, während dünne Zweige und dürre Äste an ihm rissen. Er schlug mit einem Fuß auf einem dickeren Ast auf, sein linkes Knie knirschte und er wurde Gesicht voran gegen den Stamm geschleudert. Seine Nase gab nach und seine Zähne gruben sich in seine Lippen. Wie ein Blitz durchfuhr ihn in der Dunkelheit der Aufprall, aber er klammerte sich an den Stamm, rutsche den Stamm entlang ein Stück den Baum herunter. Dabei ließ er reichlich Kleider und Haut dran hängen. Die nächste Astgabel stoppte ihn. Der Baumstamm quetschte ihm die Hoden, der Ast schlug ihm mit seinem ganzen Gewicht an das Steißbein. Der doppelte Schock raubte ihm den Atem. Er bekam tatsächlich keine Luft mehr. Sein Adamsapfel zuckte trocken auf und ab, als sich sein Zwerchfell verkrampfte.

Die Sterne, die er seit dem Aufprall vor Augen sah, wurden größer, liefen ineinander und er verlor das Bewusstsein.

Am Fuß der Klippe sammelte sich im Frühling das Schmelzwasser, hier im sumpfigen das ganze Jahr über feuchten Bereich des Tiefwaldes setzten sich Birken und Schwarzerlen gegen Eschen und Eichen durch. Am tiefsten und feuchtesten Ort, direkt an der Klippe, hatten sich aber einige Sumpfeiben gehalten. Sie standen fast im Kreis um den kleinen Tümpel, am Fuß des Felsens und über ihnen thronte ein uraltes mächtiges Exemplar ihrer Gattung. Die Hälfte der Wurzeln hatte sie in den Felsen gekrallt und die anderen im torfigen Wasser versenkt, der breite Wurzelstock streckte sich über mehrere Meter im Halbkreis in das Wasser, entlang der Klippe und füllte fast ganz eine Höhle im Felsen. Ihre kargen Äste hatten Jannis Sturz unsanft aufgefangen und er glitt langsam an ihrem rauhen Stamm herab.

Ein zweiter Körper stürzte die Klippe herab, weiter im Bogen von kräftigen Armen in die Nacht geworfen, fiel er vorbei an ihren Ästen. Marie fiel, zerbrochen und ohnmächtig, seitdem ihr Hinterkopf auf den harten Boden des Gasthofes geprallt war, geräuschlos, bis sie in das torfige Wasser klatschte. In ihrer zerrissenen Tunika sammelte sich etwas Luft und einen Moment lang trieb sie im Wasser. Dann ging sie langsam unter und sie versank im Tümpel, bis sie auf dem Wurzelgeflecht zu liegen kam. Das kalte trübe Wasser wusch das Blut aus ihren Wunden. Es füllte sanft Mund, Nase und Lungen, verdrängte die Luft, stoppte ihr Herz.

Wird fortgesetzt…

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