Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 18

This entry is part 18 of 25 in the series Der Kohler

Lose Enden

Johan ritt wie der Teufel, zitternd vor Mut und in Angstschweiß getränkt hatte er im Dunkeln seine alte Stute gesattelt. Seine Hektik und der Geruch der Angst hatten sich auf die ältliche Pferdedame übertragen. So flohen sie gemeinsam schweißgebadet und mit schmerzenden Knochen und aufgerissenen geweiteten Augen den Waldweg entlang.

Etwa zwei Wegstunden hinter ihnen folgte den beiden Uskar, methodisch und sorgsam darauf bedacht seinen Wallach nicht zu überfordern, stieg er regelmäßig ab und lief neben dem Pferd her.

Beide legten den Weg nach Kaiserach in der gleichen Zeit zurück, Johan hatte also zwei Stunden gehabt, seine Stute in einem Stall abzustellen und zu verschwinden.

Nach einem Nachmittag und langen Abend ergebnislosen Suchens in den wenigen Tavernen der kleinen Grenzstadt, einem unerfreulichen Besuch bei Johans ehemaliger Verlobter und einem noch unerfreulicheren Besuch beim Kommandanten des Grenzpostens, musste Uskar sich eingestehen, dass Johan tatsächlich und erfolgreich verschwunden war.

***

Nach einem hektischen und lauten Vormittag war Ruhe auf dem Plateau eingekehrt. Uskar war als erster in Richtung Kaiserach geritten. Klaas und seine Rotte streiften den Waldweg zurück in Richtung Talgede und die drei Wildhüter waren in die gleiche Richtung aufgebrochen.

Viari hatte Zugtiere und Rekruten auf die drei Wägen verteilen lassen. Nach einem kurzen heftigen Streit mit Klaas früher am Vormittag, hatte sie auch Anderklaas aufgeladen. Mit einem kurzen Salut verabschiedete sie sich von Harald, der als einziger am Feuer in der Pechsiedlersitzung sitzen geblieben war. Die Wagen setzten sich von Rekruten und Ochsen gemeinsam gezogen langsam und knirschend in Bewegung.

Sorgsam schichtete Harald einige Scheite auf und setzte einen kleinen getriebenen Kupferkessel dazwischen. Die Kohlen erhitzten das Wasser rasch und die getrockneten Kräuter verbreitete einen intensiven Geruch nach Minze am Feuer. Mit seinem dampfenden Krug in der Hand ging Harald vom Feuer zum Rand der Klippe am Ende der Lichtung.

Er blieb einen Moment lang stehen und nahm die Szenerie in sich auf. Fast zentral auf der Klippe die Pechhütte, die Tür nach rechts vorne und den Rauchabzug bis an den Abhang gebaut. Der von ihm aus linke Teil der Klippe war mit einigen Sträuchern und vertrockneten Disteln bewachsen und stieg unregelmäßig an, bevor sie in einen steilen von einigen widerspenstigen Bäumen bewachsenen Abhang überging. Rechts von der Tür fiel die Lichtung sacht aber fast eben ab, bis sie abrupt abbrach.

Alle Spuren der letzten Nacht spielten sich auf dieser Seite ab, die Details waren zwar von der Suche am Morgen zertreten, aber es war recht deutlich zu erkennen, dass sich niemand ab den Versuch gewagt hatte, den Abhang hinab zu kommen.

Vielmehr sprach anscheinend alles dafür, dass der Junge, Janis hieß er wohl, mit dem Mädchen auf dem Rücken die schiere Wand der Klippe hinabgeklettert war. Das hatte auch Demmi der Kundschafter in Klaas Rotte bestätigt, nachdem er sich mit Klaas beraten hatte.

Hier am Rand der Lichtung ging ein beständiger sachter Wind, der die Klippe hinabfiel. Mit dem sachten Zug an seinen Kleidern beugte sich Harald vorsichtig über die Klippe und trat gleich wieder rasch einen Schritt zurück. Er stellte seinen Tee hinter sich und ließ sich auf die Knie nieder, so beugte er sich ein zweites Mal über die Klippe. Es ging mindestens 20 Ellen schier und glatt den Felsen hinunter. Dann zerklüftete der Felsen und in den Rissen hatten sich auch wieder einige unverwüstliche kleine Bäume gekrallt. Unten konnte er eine baumurahmte Wasserfläche ausmachen und einen einzelnen weitkronigen Baum, der sich wohl fest an den Felsen schmiegen musste. Er schüttelte den Kopf und kämpfte den Impuls nieder, sich noch weiter nach vorne zu beugen, bis zum Wasser.

Auf Knien rutschte er ein Stück nach hinten, sein linker Fuß stieß gegen seinen Krug und fluchend fuhr er herum, zu spät um seinen Tee zu retten. Leise fluchend kehrte er zurück zum Feuer, um noch etwas lauter zu werden, als er feststellte, dass das Wasser restlos verkocht war. Harald setzte sich ohne Tee an das langsam runterbrennende Feuer und begann auf Klaas zu warten.

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